Immer wenn du Pornos schaust, bist das nicht du, der das macht. Du hast ein aufgeklärtes Ich und ein Porno-Ich, und nur letzteres schaut Pornos.

Aber nicht jeden Porno. Denn auch dein Porno-Ich ist aufgeklärt. Es schaut keine Pornos, in denen Frauen als bloßes Ding behandelt werden; in denen dicke Schwänze gewaltvoll in enge Pussys von quiekenden Mädchen gerammt werden.

Die Pornos, die dein Porno-Ich schaut, sind schön. Die Frauen, die darin vorkommen, haben keinen idealisierten Porno-Körper, das Bedürfnis, solche zu sehen, hast du schon längst überwunden.

Einen erotischen Blick sollten sie aber schon haben.
Besonders schön findest du, wenn die Frauen in den Pornos das wollen, was auch der Mann in den Pornos will.

Dir begegnet eine Frau. Du schaust sie an. Manchmal hast du das Gefühl, als würdest du in diesem Moment des Anschauens nicht einen, sondern zwei Blicke auf sie richten.

Den ersten Blick bemerkst du meistens nicht. Er dauert nur einen Bruchteil einer Sekunde. Du hast darüber noch nicht nachgedacht, glaubst aber, dass du – würdest du einmal darüber nachdenken – feststellen würdest, dass sich der zweite Blick auf die Frau als Mensch richtet, es ist ein Blick der Begegnung, der entsteht, wenn sich zwei Menschen begegnen.

Der erste Blick muss wohl mit irgendetwas anderem zu tun haben, du weiß auch nicht genau.

Du bemühst dich sehr. Wenn sich ein Hintern vor dir im Bus erhebt, versuchst du immer, ihn schon im Moment des Wahrnehmens als Teil einer Person zu betrachten und nicht erst dann, wenn du danach gefragt wirst, wie du dich zu diesem Hintern verhältst.

Neulich hast du dir im Filmmuseum einen Godard-Film angeschaut, wie viele andere Männer auch, die du aus deinem Philosophiestudium kennst. Es kam zu einer Szene, in der einer der Protagonisten im Film meinte: «Frauen sollten nicht älter als 25 werden.»

Du und alle anderen Männer im Kinosaal brüllten vor Lachen. Ihr fandet diese Aussage witzig.

Es gibt eine Kellnerin im Cafe Prückl, die hat schwarze Haare und Lippenstift auf den Lippen und einen lieblichen Blick, wenn sie dich anschaut und «Bitte, was darfs denn sein?» fragt.
Du findest sie sehr herzlich und nett und hast in ihrer Gegenwart Empfindungen. Du hast meistens Empfindungen, wenn du auf solche Frauen triffst.

Du weißt, es gibt diese Rolle der schwachen, hilflosen, schutzsuchenden Frau, die, weil sie so schwach ist, geil ist.

Aber die Kellnerin im Prückl ist einfach nett, anmutig, hinreizend, hübsch.

Manchmal schaust du dir Nacktbilder von Frauen an.

Wenn du anderen darüber erzählst, sagst du immer: «Ich schaue mir Nacktbilder von Frauen an, weil das interessant ist. Ja, das ist sehr interessant, aus kulturwissenschaftlicher, aus soziologischer, aus gendertheoretischer, aus anthropologischer, aus politischer Perspektive.»

Das ist tatsächlich so. Du schaust keine Nacktbilder von Frauen an, um dich aufzugeilen oder so. Du willst dabei etwas lernen.

Du sagst «Nein!» zum Sexismus. Du wendest dich von ihm ab. Du drehst dich von ihm weg, bis er hinter dir verschwindet. Dort siehst du ihn nicht, er ist also nicht mehr da.

Dies ist die abgewandelte und gekürzte Version des Textes der Performance «Think feminist, act sexist» von Jakob Kraner und Matthias Vieider. Mithilfe von Text, Stottern, Stimm- und Saxophongeräuschen wird darin versucht, das männliche, weiße, heterosexuelle, aufgeklärte, sich zum Feminismus bekennende Subjekt auf seine versteckten Sexismen hin zu untersuchen. Reicht es aus, Feminismus und Gleichstellung zu behaupten, weil sie richtig sind, weil sie vernünftig sind? Ist nicht vielmehr eine Umwälzung im Bereich des Unvernünftigen notwendig, als ein rationales Bekenntnis? Eine Umschichtung im Emotionalen, im Unbewussten? Man muss sich seinen Sexismus erlauben, um sich gegen ihn entscheiden zu können.

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