Michel Pauli ist seit Jahren mit digitalen Entwicklungsprojekten in Afrika beschäftigt. Er war schon immer international aktiv: Als Brigadist in Nicaragua hat er die sandinistische Revolution unterstützt, als human shield war er im Irak, in Zürich setzte er sich für kurdische Flüchtlinge ein. Sein Einsatz in Kamerun sieht er als Fortsetzung des Kampfs gegen Rassismus und Ausbeutung.

Am 4. Mai schickte Michel Pauli uns untenstehenden Bericht, den wir gerne an unsere LeserInnen weitergeben. Wir möchten damit Einblick in ein engagiertes und 100% privates elektronisches Hilfsprojekt geben.

Zeit für eine Bilanz

Ja, es ist eine Menge passiert. Ich will keine chronologische Beschreibung abgeben, dazu gibt es genügend Infos auf unserer Homepage. Wir sind an einem Punkt, an dem wir Entscheidungen treffen müssen und ich möchte euch alle an der Entscheidungsfindung beteiligen. Wir haben drei Hauptprojekte: Die Schule basierend auf freier Software und Hardware, das Solarprojekt und unser neues Haus.

Beginnen wir mit der Schule

Sie funktioniert! Zuerst möchte ich dafür den zwei Menschen danken, die jeden Monat die Gehälter der Lehrer sponsoren.Wir haben drei bis vier Lehrer und jedes Jahr zwanzig neue Studenten in Ausbildung. Viele der Absolventen haben nach der Schule einen Job gefunden. Leider können wir nicht viel mehr Studenten aufnehmen, weil wir nicht genügend Computer haben. Wir haben Abendklassen eingeführt, aber da ist es schwierig Lehrer zu finden. Komplizierter ist auch die Situation mit den fortgeschrittenen Studenten; von denen haben wir im Moment fünf. Wir sind nicht in der Lage eine stabile Gruppe von Programmierenden zu etablieren, die ein Projekt von Anfang bis Ende durchführen können. Wir hätten einige Arbeiten wie z.B. Homepages, die wir jedoch nicht abschliessen konnten. Auch unsere Hardware beginnt alt zu werden. Derzeit arbeiten wir mit einem neuen Server, der 13 Clients (Terminal-PCs) steuert. Wir haben einige Laptops, die spezielle Aufgaben erledigen. Unsere Terminals sind sehr stabile alix-Boards von pcengines, wobei die nun auch in die Jahre kommen. Wir haben deshalb einige neue Clients mit Raspberry-Pi (einfacher 50$ PC) beschafft. Sie arbeiten wunderbar. Als Software arbeiten wir mit Debian7, mit Virtualisierungs- und LVM. Den Menschen, die sich darum kümmern, wird es nicht langweilig. Vieles funktioniert simpel und wir können die auf USB-Festplatten gespeicherten, virtuellen Computer nutzen. Aktuell beschäftigt uns die Frage, in welche Richtung wir unsere Hardware aktualisieren sollen. Unser Ziel ist es, ein Computer-Netzwerk mit sechs bis zehn Computern zu haben, welche mit zwei Solarpanels funktionieren. Für die einfachen Terminal-Clients können wir mit alix-Boards und Raspberry Pi weiterarbeiten. Für den Server brauchen wir eine Lösung, welche weniger als 20 Watt braucht. Wir fanden Monitore, welche mit 12 Volt arbeiten. Sie sind der teuerste Teil unseres Netzwerks.

Unser Motto ist «computer ok, but for everybody and everywhere». Das bedeutet günstiges und energiesparendes Material. Wir wollen jedoch keine billigen und/oder Secondhand Materialien aus Europa verwenden, da dies aufgrund des Transports teurer käme. Viel besser ist die Suche nach günstigen Lösungen mit tiefem Energiekonsum, wie zum Beispiel RaspberryPi. Wir versuchen wirklich das kostengünstigste Material zu verwenden, trotzdem brauchen wir eure Hilfe, technisch und finanziell. Da wir selbst viele elektronische Elemente für unsere Solaranlagen benötigen, wollen wir ausserdem eine Schule zum Thema Elektronik eröffnen. Es ist wichtig, dass die Leute nicht nur installieren können, sondern auch verstehen, was sie tun. Aus Geldmangel konnten wir damit jedoch noch nicht beginnen. Wir suchen sowohl elektronisches Material als auch Fachpersonen, die uns helfen wollen.

Solar-Technologie

Warum beginnen wir mit Solar-Technologie? Es gibt zwei Gründe. Der erste ist die digitale Kluft. Nicht nur zwischen Nord und Süd, auch im Süden selbst gibt es eine grosse Kluft zwischen den Städten und den Dörfern. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt noch in den Dörfern, wobei sich das gerade schnell ändert. Wir kamen zum Schluss, dass wir Computertechnologie in die Dörfer bringen müssen. Vor drei Jahren installierten wir einen Computer in einem Dorf, wo es keine Elektrizität und kein Telefon gab. Die Dorfbewohner sagten uns, dass Computer zwar in Ordnung seien, sie aber zuerst Licht wollten. Deshalb haben wir begonnen, in den Dörfern Lampen zu installieren. Der zweite Grund ist, dass wir die Möglichkeit hatten, Solar-Panels von einer Firma aus der Schweiz zu erhalten. Unsere Priorität sind die Dörfer und sehr kleine Installationen. Wir werden jedoch mehr und mehr damit konfrontiert, dass die Menschen in den Städten auch Solartechnologie wollen, und das heisst für uns grössere Installationen, wie beispielsweise eine 5 Kilo-Watt Anlage in Kumba.

Linux-Solar-Friends ist der Name unserer vierköpfigen Gruppe, welche in Kamerun Solarpanels in verschiedenen Regionen installiert. Wir haben aktuell kein Fahrzeug und müssen alles mit dem normalen Bus transportieren. Mit dem Material so zu reisen ist riskant, besonders für die Solarpanels. Hierbei könnten uns Ideen helfen, wie wir zu einer guten LKW-Transportmöglichkeit kommen. Für die grossen Installationen brauchen wir technische Hilfe von Solarspezialisten. Jeder ist  willkommen. Das Beste wäre, uns zu besuchen oder eine Chat-Möglichkeit zu bieten, wo wir um Rat fragen könnten.

Unser neues Haus

Meine Frau Chanceline hat mit dem Hausbau begonnen. Ich war erst skeptisch, vor allem wegen unserer prekären wirtschaftlichen Situation. Doch sie war mutig und begann. Es war teuer, da die Preise für den Bau sehr hoch sind. Chanceline hat gesagt, dass wir vor acht Jahren hätten beginnen sollen; ich wollte aber nicht an der Inflation der Landpreise teilnehmen. Das Gebäude ist jetzt fast fertig: Das Dach fehlt und die Möbilierung ist noch nicht vollständig. Wir hoffen jedoch bald einzuziehen. Die Idee ist es, ein Haus zu haben für die Schule, Lehrer und Besucher wie euch. Wir brauchen noch etwas Hilfe, bis wir diese neue afrikanische Pension haben. Ihr seid willkommen mitzuhelfen.

Benötigtes Material und Transport
Nach acht Jahren müssen wir nun unser Material ersetzen. Wir wollen uns auf Solar konzentrieren, darum wäre 12 oder 5 Volt (USB) Material am besten:
Switches
Ethernet Kabel (mit Zange, um label zu machen)
Monitor 12 Volt (low power)
Laptops (mit Pxe: boot per ethernet)
Raspberry
Alixboards (pcengines); wir brauchen
sie als thin clients (12 Volt, 5 Watt)
Klein Printer 12 Volt
Klein Scanner 12 Volt

http://sokolo.cronopios.org

 

Die Medienkulturgespräche sind eine Reihe des Dock18 Institut für Medienkulturen der Welt. Daniel Boos und Mario Purkathofer recherchieren monatlich aktuelle Themen der neuen Medien und sprechen mit betroffenen Menschen auf verschiedenen Kanälen.
Der Brief wurde übersetzt von Daniel Boos und Mario Purkathofer.

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