Kopfhörer ein, alles auf replay. Einmal an der Tasse riechen, so wie dir das Ally Mc Beal beigebracht hat, und dann ab ins Getümmel. Nur noch diese eine Sitzung. Nur noch diese eine Session. Nur noch dieses eine Mal auf den Lohnscheck warten, bevor du zu deinem Chef ins Büro gehst und ihm auf den Teppich kackst, damit wenigstens etwas mit ein bisschen Textur in dem Raum zu finden ist. Auch nur eine Weiterführung dessen, was früher einmal geniessbar aussah und jetzt einfach weg muss.

Hundert Jahre nach dem Generalstreik stecken bei der Basler Pharma zwei CEOs den Kopf aus dem Swimming Pool gefüllt mit Geld und fragen sich, ob ihre Rendite längerfristig gesichert ist. Hundert Jahre nach dem ersten Weltkrieg steckt ein Sozialdemokrat den Kopf aus dem Regierungsbüro und fragt sich, ob er vor Asylbewerbern genügend gesichert ist. Hundert Jahre nach der Geburt der Vorgängerorganisation der Vereinten Nationen stec-ken ein paar Neoliberale den Kopf zusammen und fragen sich, wie man «diese Migration» in gelenktere Bahnen leiten könnte, um die wirtschaftliche Prosperität zu sichern. Und du sitzst da und fragst dich, wann das mit dieser Sicherheit endlich zu Ende geht.

Du steckst fest in einer Zeit, in der «Winter is coming» keine Feststellung über Jahreszeiten mehr ist, sondern eine Aufforderung, gefälligst was anderes zu schauen, während wir die Strassen an die Ärmchenrecker verlieren, in Chemnitz, in Madrid, in Rotmonten und Andwil. Eine Zeit, in der es billiger ist eine Bundesrätin (175’000 CHF) als eine 20-Minuten Frontseite (240’000 CHF) zu kaufen. Einer Zeit, in der die Nachrichten lustiger sind als ein Poetry Slam, und die Comedians die letzten, die Recherche ernst nehmen. Kein Wunder, werden Stellen gestrichen.

Vielleicht hört das ja alles bald auf. Vielleicht wird ja 2019 das Jahr, in dem endlich die Aliens landen, sich kurz umschauen und entscheiden, dass dieser Planet nun wirklich nicht länger dem Umfahrungsprojekt X42 im Weg stehen soll. Vielleicht ist es das Jahr, in dem die Zeitreisenden aus der Zukunft aus ihrer Kapsel treten, feststellen, dass dies nun der Zeitpunkt sei, ab dem es nichts mehr zu retten gäbe und den Reset-Knopf drücken. Vielleicht ist es wenigstens der Moment, in dem Hitler die Hölle übernimmt und Werbeflyer an alle Haushalte verschickt: «Bei uns ist es wenigstens warm.»

Durchatmen. Auf Abstimmungsergebnisse warten. Eine halbe Sekunde daran glauben, dass wenn nicht die Welt, dann doch wenigstens dieses kleine überbaute Fleckchen Paradies ein bisschen besser wird, wenn zwei Frauen in den Bundesrat gewählt werden. Sich erinnern, dass die eine daran glaubt, dass Versicherungen nur das Beste für uns wollen und die andere an Gott. Nicht wissen, was schlimmer ist. Feuer machen in der Gewissheit, dass es kälter wird, bevor eventuell ein Frühling wiederkehrt.

Etrit Hasler ist Slampoet, Journalist und SP-Kantonsrat. Für die Fabrikzeitung kommentiert er regelmässig das aktuelle politische Geschehen.

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