Tief im Betongestrüpp, hinter den zwei Brücken, zwischen Grosshotels, Bürokomplexen und leichenstarrigen Wohnanlagen, umkurvt von Geleisen und Hauptstrassen, in einem veritablen Eiswindkanal, da erhebt sich eine Schule.

Die Zürcher Hochschule der Künste, wo, in Anbetracht dessen, dass Sie diese Zeitung abonniert haben, mit grosser Wahrscheinlichkeit Ihr Kind studiert, fügt sich angenehm ins städtebauliche Desaster ein und scheint ihr Plätzchen in der Dystopie gefunden zu haben. Damit das Ganze auch schön stimmig bleibt und die Schule nicht aus dem Quartier fällt,
dominieren Überwachungskameras die öffentlichen Bereiche und Sprayereien von hauseigenen Künstler:innen werden geflissentlich überstrichen und zur Anzeige gebracht.

Doch der Schein trügt. Es rumort ganz gewaltig im Magen des Kolosses. Der altgediente, hochverdiente Rektor Professor Dr. Meier ist bedient. Ein wahrlich grossartiger Moment die karriere- und verantwortungstechnische Kurve zu kratzen. Der Gutsverwalter der ZHdK (die Onomastik lässt grüssen) hat so manches zu verantworten. Und ja, da waren wohl viele Stellen involviert, aber wer nach «Führungspositionen» strebt, muss dann halt auch stellvertretend den Kopf hinhalten (schön wär’s).

Da ist zum einen dieses Monsterprojekt, man hat davon gelesen. In Shenzhen (China) wird seit 2020 eine Designschule hochgezogen, die «Shenzhen International School of Design».
Sie ist Teil des «Harbin Institute of Technology» (HIT) und entsteht in Kooperation mit der ZHdK und weiteren Partnerschulen. Das HIT seinerseits ist Teil eines universitären Zusammenschlusses, der eng mit der Volksbefreiungsarmee Chinas zusammenarbeitet. Ihr Hauptzweck liegt darin, zivile Forschung für militärische Nutzung fruchtbar zu machen. Ein klasse Ding!

Über die Hälfte des Forschungsbudgets des HIT stammt denn auch vom Chinesischen Verteidigungsministerium. Und wer möchte wohl auch ein wenig davon abhaben? Zugegeben, eine billige Unterstellung, liegt der ZHdK doch einzig an der Kooperation, dem Austausch und der Entwicklung grossartiger Designs. Dass die Schweizer «Hochschulintelligenz» quasi direkt für die Volksbefreiungsarmee entwickelt, ist dabei eigentlich vernachlässigbar. Wo gehobelt wird, da fallen Späne, gell Herr Meier.

Apropos Dinge, die offenbar scheissegal sind: An der Tanzakademie Zürich, ebenfalls Teil der ZHdK, wurden jahrelang Kinder in die Magersucht gezwungen, mit Medikamenten vollgestopft und psychisch terrorisiert. Im Ausbildungsvertrag wurde ein BMI festgeschrieben und von den Ausbildenden durchgesetzt. Mit dem Finger wird (auch zu Recht) auf die Leiter:innen der Tanzakademie gezeigt, die Vorfälle waren aber schon lange bekannt. Eltern haben sich gemeldet, Beschwerden wurden geschrieben. Und passiert ist nichts. Da wollte offensichtlich jemand die ganze Chose aussitzen. Nicht ohne Erfolg, der Meier wird jetzt verabschiedet und hat die Aufarbeitung des Scherbenhaufens einer Anwaltskanzlei überlassen. Juhe.

Ob das alles Konsequenzen haben wird, ist unklar. Zur Verabschiedung des lieben Rektors dürften deshalb gerne noch einmal die Spraydosen ausgepackt werden. Auch wenn das mit ziemlicher Sicherheit Konsequenzen haben wird. Und wenn’s nur wieder weisse Farbe ist.

Von Andi G. Schütze. Er ist im Raum
Zürich aufgewachsen und beobachtet die Stadtentwicklung nun aus der Ferne, wo
er sich die Miete leisten kann.

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