Plötzlich sind wir alle wieder verbündet. Philipp «18 Prozent Ausländer sind genug» Müller. Christophe «Schwule sind doch auch nur ein bisschen wie Kokser» Darbellay. Die Heerscharen von Vernünftigen, die es alle ganz schlimm finde, dass wir als einzige Antwort auf Kriminalität nur noch «Ausschaffung» stammeln können, aber den Deliktkatalog der Ausschaffungsinitiative ganz normal und angemessen und verhältnismässig finden. Lesen bildet, hat es doch immer geheissen. Und jetzt?

So vereint sind wir im Widerstand gegen den Aufstieg der vermeintlich neuen Nazi-Partei, dass sogar richtige Promis in der Arena mitdiskutieren können. Als ob man der Bevölkerung irgendwie beweisen müsste, dass es jetzt eben nicht nur die «Classe Politique» sei, die sich wehrt. Nein, das sind ganz normale Leute. Der Schwiegersohn-Rapper der Nation und ein richtig braver Italiener. So einer, der eben noch wusste, was chrampfen ist. Der langsamer Berndeutsch spricht als Adrian Amstutz. Und lauter ganz normale Bürger. Besorgte und normale. Kommentarspaltenvergewaltiger und solche, die doch lieber ganz direktdemokratisch ihre Frau verprügeln.

Da muss es dich nicht verwundern, wenn es dir plötzlich ein bisschen anders wird. Das ist doch alles völlig verwirrend. Die einen sagen: Ihr schützt die Vergewaltiger, Menschenhändler, Drogendealer und Knarren tragenden Gangster. Und du schaust dir die Nasen an und stellst fest: Das sind Vergewaltiger, Menschenhändler, Drogendealer und Knarren tragende Gangster, die dir das sagen. Ja, die müssten das doch wissen. Wie ist denn das jetzt? Ist das schon ein Bandenkrieg oder noch Politik? Oder war das noch nie etwas anderes?

Doch was dich am meisten schmerzt, ist der Missbrauch der Sprache. Wir kämpfen um Worte mit Menschen, die keinen fehlerfreien deutschen Satz zustande bekommen, weder auf Twitter noch im Fernsehen. Ja, was gilt es denn hier eigentlich durchzusetzen? Dass abgewählte Bundesräte endlich ihr Schandmaul halten, statt uns via gekauften Parteijournalisten zu erklären, die Schweiz sei auf dem Weg in die Diktatur? Wie viel braucht es eigentlich noch, bis dieser Sohn und Bruder eines Hasspredigers, dieser unselige Profiteur von Geschäften mit dem Apartheidregime in Südafrika begreift, dass nicht nur das Parlament, sondern auch das Volk ihn nicht als Führer will?

Ruhig bleiben. Durchatmen. Fassung bewahren. Das ist die Parole, richtig? So schlimm ist das alles noch nicht, oder? Das ist doch keine Nazi-Partei, oder doch? Diese Penner haben doch zu wenig Plan, um plötzlich doch noch Lager aufzustellen. Oder Menschen in Zivilschutzbunker zu sperren. Leer schlucken. Wir sind saumässig spät dran. Aber die Hoffnung haben wir noch nicht aufgegeben.

Etrit Hasler ist Slampoet, Journalist und SP-Kantonsrat. Für die Fabrikzeitung kommentiert er regelmässig das aktuelle politische Geschehen.

Comment is free

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert