Was bisher geschah

Um 1850 – Aufschüttungen: Im Uferbereich des Zürichsees wurde im 19. und Anfang 20. Jahrhundert mit Aufschüttungen neues Land gewonnen – sogenanntes Konzessionsland. Das Konzessionsland wurde der KIBAG für einen symbolischen Betrag überlassen, um den Ausbau und Kiestransport in Zürich zu fördern. Dies mit dem Ziel, den Beton möglichst nahe am Bedarf zu produzieren. Die Bedingung war, dass das Grundstück im Interesse der Allgemeinheit genutzt wird (eine sogenannte «Eigentumsbeschränkung zugunsten der Allgemeinheit»).

8. Juni 1986 – Gemeindeabstimmung: Das Savara Areal ist mit Containern der KIBAG zugestellt. Es kommen zwei Abstimmungen vor das Zürcher Stimmvolk: Die eine schlägt vor, das Areal mit Wohnungen und einem Hotel zu überbauen. Die andere schlägt vor, die heutige Wollishofer Wiese zu errichten, und die dort stehenden Container der KIBAG abzubauen. Zürich entscheidet sich deutlich gegen Wohnungen und für Grünflächen in dieser Zone. Drei Jahre später wird die Wollishofer Savera-Wiese feierlich eingeweiht.

1992 / 1993 – Neues Land soll öffentlich sein: Die Eigentumsverhältnisse von Konzessionsland waren lange umstritten: Bis 1992 wurde der neu gewonnene Boden jeweils zum Eigentum der Konzessionär:innen. Erst 1993 erklärte ein neues Wasserwirtschaftsgesetz, dass neu aufgeschüttetes Land zum Eigentum des Kantons wird. Diese Regelung wird jedoch nicht rückwirkend angewandt.

2008 – Umzonung für «Wohnungen im höheren Preissegment»: Mit einer Sonderbauvorschrift hat der Stadtrat 2008 das Areal zur Wohnzone umgezont und so der KIBAG, ohne die Bevölkerung miteinzubeziehen, eine Umnutzung zu Luxuswohnungen mit privaten Yachthäfen ermöglicht. Im Artikel 5 wird gar sichergestellt, dass ohne Volkabstimmung lediglich der Stadtrat selbst dem Wohnbauvorhaben zustimmen muss. Die Sonderbauvorschrift ermöglicht der KIBAG eine gestaffelte Umnutzung. Zu Beginn könnte auf der Parzelle am Mythenquai ein Bürogebäude erstellt werden und später, wenn die Konzession des Kantons ausläuft oder nicht mehr erneuert wird, stände einem Bau von Villen am See nichts mehr im Wege.

Währenddessen hätte an den Ufern des Obersees auf einem anderen Areal der KIBAG eine Wohnüberbauung der gehobenen Klasse realisiert werden sollen, zudem ein neuer Yachthafen. Das Bundesgericht versenkte die Idee im Frühjahr 2015.

Was meinen eigentlich all die Leitbilder
und Visionspapiere?

1. November 2002 – Visionen zum Seeufer: In einem Visionspapier zum Seeufer der Stadt Zürich schreibt das Hochbauamt explizit:
«Die Areale der KIBAG und Franz AG können längerfristig attraktiver genutzt werden. Zusammen mit der Roten Fabrik kann ein Quartier besonderer Art entstehen. Es sind weitergehende Nutzungsüberlegungen anzustellen. Wohnen ist mit Vorbehalten denkbar. Das Ufer muss öffentlich bleiben. Der Freiraum sollte durchlässig und öffentlich zugänglich sein. Erdgeschossnutzungen haben sich auf den öffentlichen Raum auszurichten und sollten sich auf die besondere Lage am See beziehen.»

September 2009, rev. März 2018 – Leitbild Seebecken: Das Leitbild für das Seebecken der Stadt Zürich dient als Grundlage für Planungen, Projekte und Bewilligungen am Seebecken in Zürich:

  • Leitsatz II: «Das Seebecken ist für alle öffentlich zugänglich.»
  • «Das Seebecken soll als Naherholungs-, aber auch als Veranstaltungsort öffentlich zugänglich bleiben und gut erreichbar sein.»
  • Leitsatz IV: «Das Seebecken stellt Angebote für alle Bevölkerungsschichten zur Verfügung.»
  • Leitsatz VI: «Das Seebecken ist ein hochwertiger Frei- und Naherholungsraum in der sich stetig verdichtenden Stadt.»
  • «Bauten und Anlagen im oder am Wasser sind in Ausnahmefällen möglich, wenn ein gewichtiges öffentliches Interesse vorliegt und sie eine hohe Qualität aufweisen.»
  • Das Gebiet von Kibag und Franz AG wird ausdrücklich als Gebiet mit Entwicklungspotenzial beschrieben: «Es handelt sich dabei um jene Orte im Stadtzürcher Seebecken, die aus heutiger Sicht ein Entwicklungspotenzial aufweisen.»

September 2013 – Grün- und Gemeinschaftsflächen für Wollishofen: Im städtebaulichen Quartierentwicklungsleitbild für Wollishofen (Stadt Zürich, Amt für Städtebau, 2013) sind folgende Ziele festgehalten:

  • «Erschliessung und Ausbau der bestehenden Begegnungs- und Aufenthaltsorte; Erhalt der Räume für Erholung, Freizeit und Kultur.»
  • «Erhalt der Durchgrünung des Quartiers mit seinem wertvollen Baumbestand; Vernetzung der attraktiven Landschafts- und Freiräume.»

22. Juli 2016 – Umgang mit Konzessionsland am Zürichsee: In einem von der Baudirektion des Kantons Zürichs in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten wird festgehalten, dass laut § 58 im Wasserbaugesetz vom 15.12.1901 Konzessionsland klare Bedingungen für Bauten hat:

  • «Gesuche […] sind abzuweisen, wenn durch die projektierten Bauten […] die öffentlichen Interessen in erheblichem Masse beeinträchtigt […] würden.»

Es regt sich Widerstand

29. Juni 2019 – Motion im Gemeinderat: 2019 stimmt der ZH Gemeinderat mit 66 zu 52 für eine dringliche Motion gegen das Luxus-Bauvorhaben. Der Stadtrat wird beauftragt, eine Weisung für eine Gebietsplanung rund um die Rote Fabrik (Seeufer, Mythenquai Höhe Pier 7 bis und mit Rote Fabrik) vorzulegen. Diese Gebietsplanung soll dafür sorgen, die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung nach «Erholung, Freiraum und preisgünstigem Wohnraum» zu befriedigen. Die neue Gebietsplanung soll die dort bestehenden Sonderbauvorschriften aus dem Jahr 2008 ersetzen.

2. März 2021 – Gründung Linkes Seeufer für alle: Als die kommerziell ausgerichteten Baupläne für das Kibag Areal im Quartier bekannt wurden, hat sich die Interessensgruppe «Linkes Seeufer für alle» gebildet. Die IG ist eine Koalition aus Quartierbewohner:innen, Kulturschaffenden und Stadtbewohner:innen, die ein Interesse an der Nutzung und Mitgestaltung des linken Seeufers der Stadt Zürich haben. Das primäre Anliegen der IG beinhaltet, das Nutzungspotenzial des Kibag Areals hervorzuheben, sowie eine öffentliche Diskussion über die Bedürfnisse und Wünsche der Stadtbevölkerung zu führen. Mit der partizipativen, offenen und niederschwelligen Organisationsform der Gruppe wie auch der Veranstaltungen, wurde eine breite Bevölkerung aktiviert. Die IG organisierte in den letzten zwei Jahren diverse Aktivitäten rund um die Gestaltung des linken Seeufers. Bei den Events ist stets aufgefallen, wie viele Leute grosses Interesse für die Entwicklung und Mitgestaltung ihres Quartiers bzw. ihrer Stadt zeigen.

17. März 2021 – Fristenverlängerung: Der Stadtrat schafft es nicht, fristgerecht eine Vision für das Areal zu präsentieren und wünscht eine Verlängerung um ein Jahr bis zum 26. Juni 2022.

Seit Herbst 2021 – Testplanung: Die Stadt Zürich entschied sich, für das Gebiet eine Testplanung durchzuführen. Das Linke Seeufer für alle wurde von der Stadt gemeinsam mit weiteren Interessensgruppen und Akteur:innen rund um den Wollishofer Seeabschnitt in einen Echoraum eingeladen. Dieser begleitet nun die Testplanung des Gebiets zwischen Landiwiese und Cassiopeiasteg. Bei einer Testplanung entwerfen interdisziplinäre Gruppe, sogenannte Teams aus Architekt:innen, Landschaftsplaner:innen, Verkehrs-planer:innen, Soziolog:innen, usw. verschiedene mögliche Szenarien, wie sich ein Gebiet – auf dem sich in diesem Fall auch das Kibag Areal befindet – entwickeln könnte. Anders als bei einem Wettbewerb wird am Schluss kein Bau-Auftrag vergeben. Am Schluss wird aus den Szenarien der Teams ein Masterplan erstellt, auf deren Basis auch Bauzonen-änderungen usw. vorgenommen werden können. Der Echoraum traf sich am 5. Oktober 2021 das erste Mal und wird wieder bei den beiden Zwischenpräsentationen der Teams anwesend sein und Feedback geben können. Das Linke Seeufer für alle beurteilt die Rolle des Echoraums aber als unzureichend, da keine Möglichkeiten einer wirklichen Mitgestaltung oder Stimmberechtigung vorliegt. Obwohl das Bedürfnis nach Mitspracherecht der Bevölkerung gross ist, wird diese unzureichend bis gar nicht miteinbezogen.

Bis Mai 2022 – Heisse Phase der Testplanung: Wir befinden uns jetzt im letzten Jahr der Gebietsplanung. Der Stadtrat kündigt an, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befragen, aber nur Ausgewählte werden an den Tisch mit Kibag & Co geladen. Ab Juni 2022 wird der Masterplan für das Areal entwickelt. Jetzt gilt es, aktiv möglichst viele Zeichen zu setzen.

21. und 22. Mai 2022 – Quartierfest: Bei der «Stadtidee», einem partizipativen Budget-Projekt der Stadt Zürich, wurde die Idee eines Wollishofer Quartierfests, organisiert vom Linken Seeufer für alle, in einer offenen Abstimmung von der Zürcher Bevölkerung ausgewählt. Im Mai findet das grosse Wollishofer Quartierfest nun statt. Das linke Seeufer rund ums Kibag Areal wird während zwei Tagen zum Treffpunkt für die Stadtbevölkerung. Das Programm wird vielfältig und diverse lokale Organisationen werden vertreten sein. Das Fest soll über die Stadtgrenzen hinaus die Bedeutung von Naherholungsgebieten am Seeufer und spezifisch den Wert des Kibag Areals für die Bevölkerung aufzeigen und feiern.

Zusammengetragen durch die Interessengruppe Linkes Seeufer für alle, linkesseeuferfueralle.ch

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