Tati begrüsst uns herzlich zum Video. Heute gehe es um das Ausprobieren und einen ganztägigen Tragetest vom neuen Contour Kit von Kim Kardashian West Beauty. Sie werde uns mitnehmen und ganz nah ranzoomen. Tati hält das verpackte Produkt in die Kamera und raschelt damit. Sie wisse, dass die Leute sie hassen würden, egal, ob sie das Produkt loben oder davon abraten wird. Tati ist auf den Hass vorbereitet.

Tati hat grüne Augen und brünette lange Haare. Sie trägt ein mintfarbenes Tanktop und dezenten Silberschmuck. Sie wolle hervorheben, dass sie nichts davon habe, das Produkt gut oder schlecht zu finden. Dass sie vermutlich der einzige Beauty Guru in Los Angeles sei, der nicht zu Kim Kardashian Wests Launchparty eingeladen gewesen sei. Sie habe also das Produkt vorher noch nie gesehen oder in den Händen gehalten, deshalb würde das jetzt wirklich ihr erster Eindruck sein. Sie habe auch keine Schulung bezüglich des Produkts erhalten. Sie sei also nicht dabei gewesen, habe Kim nicht kennenlernen dürfen – sie liebe die Kardashians – verstünde aber, warum sie vermutlich von der Gästeliste entfernt worden sei: Sie habe in der Vergangenheit die Marken der Kardashians grösstenteils schlecht besprochen. Kylies erste Palette habe ihr persönlich eben nicht gefallen, dafür aber ein paar ihrer anderen Sachen. Sie versuche, immer offen zu bleiben und einfach ihre persönliche Meinung zu mitzuteilen, das seien eben ihre Gedanken, sie sei ja auch nur ein Mensch. Die Zuschauenden sollten ihre eigenen Kauf-Entscheidungen treffen.

Dann öffnet Tati das hautfarbene Plastiktütchen und gibt einen Laut von sich, der vermutlich eine Art Fanfare darstellen soll. Sie dreht das Tütchen um und schüttelt den Inhalt heraus: in transparentes Plastik eingeschweisst kommt das Set zum Vorschein.

Das wirke so hygienisch wie im Nagelsalon, findet Tati, eine sehr hygienische Verpackung. Sie verstehe nicht, warum Kim dafür angefeindet werde, für diese Verpackung, sie verstünde das Problem wirklich nicht. Sie persönlich könne übertriebene Verpackungen nicht ausstehen, das sei ja auch schlecht für die Umwelt, und man würde sie eh nicht aufheben. Und was die Leute bloss gegen die hautfarbene Tüte mit Zippverschluss hätten? Als Pat McGrath ein Kit in einer ganz ähnlichen Tüte auf den Markt gebracht habe, hätte das niemanden gestört. Kims Tüte sei geradezu identisch – nur ohne die ganzen Pailletten und den Glitter. Sie sei jedenfalls sehr froh darüber, dass sie nach dem Öffnen von Kims Set nicht sofort den Staubsauer holen müsse, um den ganzen Glitter aufzusaugen.

Nebeneinander aufgereiht sehen wir nun auf einer Marmorfläche das Triptychon von Highliterstift, Blendingtool und Contourstift – das «medium» Set.

Es gebe, meint Tati, «light», «medium», «dark» und «deep». Sie zählt dabei vier Finger ab. Ja, sie glaube, es gebe vier Sets. Tati streicht sich die Haare aus der Stirn.
Sie hält das Blendingtool in die Kamera und scherzt darüber, dass es aussehe wie ein «Pocket Rocket». Wir wüssten doch alle, es sehe aus wie ein Sexspielzeug, let’s get over it!
Jedes Teil dieses Sets sei hautfarben, sie liebe diesen Ton, sie müsse sofort denken: Ist das nicht eine grossartige Nagellackfarbe? Bei dieser Überlegung hält Tati einen der Stifte auf Ohrhöhe an ihre Wange, eine fast zärtliche Geste, als sei der Stift einer ihrer Finger. – Ob das komisch sei, so etwas zu denken?
Sie wendet sich dem Blendingtool zu. Streicht mit den Fingerspitzen über das Pinselende. – Ob das ihr Lieblingspinsel werden würde? Vermutlich nicht!
Und auch die Schwammspitze – sie klopft mit dem Finger auf den Schwamm – fände sie seltsam. Sie habe das Gefühl, die würde das Make-up abwischen. Ausserdem sei sie doch schwer zu reinigen. Sie sei eine, die ihr Blendingtool jedes Mal nach dem Benutzen gründlich abspülen würde, sie wolle schliesslich nicht massenweise Bakterien auf ihrem Gesicht haben! Das sei so unsauber. Tati verzieht ihr Gesicht in gespielter Abscheu. Dann schwingt sie mit einer bestimmten Handbewegung ihr Haar hinter die Schulter.

Weiter geht es mit dem Contourstift. Jetzt würde sie verstehen, warum es hiesse, man bekäme viel zu wenig vom Produkt. Das sei wirklich nicht viel!
Beide Seiten aufgedreht hält Tati den Stift in die Kamera.
Warum man nicht mehr bekäme? Das sei jetzt ein gigantischer Nachteil. Sie würde eine solide Pro und Contra Liste für uns machen. Tati schüttelt leicht den Kopf. Das sei eine feine Spitze, man könne damit dünne Linien ziehen, nicht so einen fetten, lippenstiftartigen. Sie hält zum Vergleich den aufgedrehten Stift einer anderen Marke daneben, der tatsächlich eine weitaus dickere, aber eben auch längere Spitze zeigt.

Oh, Sch…! Was die sich nur dabei gedacht hätten? Das sei jetzt wirklich sehr enttäuschend. Mit einer dickeren Spitze könne es einem passieren, dass zu viel Make-up aufgetragen würde und es schmuddelig würde. Im Zweifelsfall würde sie also sagen, das sei Absicht, mit der feinen Spitze. Sie plane, ihre Nase und den Mund damit zu konturieren, es sei also Präzision gefragt, das müsse gut funktionieren. Sie würde es nun ausprobieren, das sei ja, worum es hier eigentlich gehe.

Tati zeigt uns die Farben, indem sie Striche auf ihren linken Handrücken malt und in die Kamera hält. Sie verwischt die Striche mit den Fingern.
Sie seien nicht so ölig, das sei gut zum Verblenden.
Der Farbton sei eher auf der wärmeren Seite.
Sie malt zum Vergleich mit einem anderen
Contourstift daneben.
Ob wir sehen würden, wie viel intensiver diese Kontur sei?
Tatsächlich, die Farbe ist viel dunkler. Kälter, mit mehr blauem Farbanteil.
Wenn man noch nicht viel Übung mit dem Contouring habe, sei es besser, einen leichteren Farbton zu wählen. Mit der Zeit könne man dann zu dunkleren Tönen greifen, für den full glam.

Der Highlighter wird nun auf dem rechten Handrücken gezeigt.
Die eine Seite des Stifts sei wie ein Concealer. Sie werde ihn benutzen, um die Region unter den Augen aufzuhellen und ihren Nasenrücken.
Die andere sei… Tati stockt, sie ist überrascht: Oh!
Nach dem Handrückenstrich malt sie nun auf ihre linke Schulter.
Hello, Highlighter!
Sie bewegt die Schulter: Schaut euch das an, Leute!
Diese Schulter habe wirklich Spass – sie bewegt die linke Schulter noch einmal auf und ab – und diese – sie bewegt die rechte – sei gelangweilt.

Jetzt legt Tati mit dem Contouring los. Sie hält sich
dazu einen goldfarbenen Handspiegel vor, verziert mit
Ornamenten und Schmetterlingen.
Sie beginne mit den Wangen, verkündet Tati.
Dazu saugt sie die Wangen ein und spitzt den Mund.
Sie werde nur eine Seite des Gesichts machen, damit wir Seite an Seite den dramatischen Unterschied sehen würden.
Nach der rechten Wange bearbeitet sie Kieferlinie und Kinn, malt dann grossflächiger am rechten Haaransatz herum.
Die Nase würde sie ganz machen. Sie müsse beiden Seiten gleichzeitig machen, damit es gut würde.
Dann kommt der Mund.
Sie habe das von Scott Barnes gelernt – presst Tati zwischen fast geschlossenen Lippen hervor, während sie sie umrandet – das sei der King of Contour.
Wir sollten mal darauf achten, wenn man JLo auf Fotos sähe und vergrössern würde: Sie hätte immer den Mund konturiert. Wir sollten das mal machen. Wir sollten das jetzt grad googeln, sie meine es ernst.

Tati benutzt den Highlighter unterm rechten Auge.
Den Pinsel möge sie nicht, der würde die Foundation ruinieren.
Stattdessen benutzt Tati eine elektrische Gesichtsbürste.
Verf* schön!
Oh lalà! Lobt sie die geschminkte Seite.
Möp! Macht sie zur Ungeschminkten.

Sie würde noch nicht übertreiben, aber das könne eines der besten Contour sein, das sie je benutzt habe! Uh, sie werde gehasst werden dafür, dass es ihr gefalle… Aber das sei ihr egal. Sie glaube an die Wahrheit, feixt Tati, während sie die fehlende Gesichtshälfte schminkt.

Sie sei geschockt, aber diese leichtere Farbe und Textur würde wirklich gut bei ihr funktionieren. Es wirke wirklich natürlich.

Es sei ja so, man würde Contour überall sehen. Sogar die Expert*innen hätten manchmal richtige Streifen auf den Wangen und man denke, wow! Es gehe darum zu unterscheiden, ob es für die Kamera oder fürs wahre Leben sei.
Also, dieses Produkt sei zwar teuer, aber es sei für das wahre Leben. Man bekäme nicht diese seltsame harte Linie, die auf Fotos schön sein könne, aber einfach seltsam und zu viel sei für den Alltag.
Tati zeigt mit zwei Fingern auf ihre Wangenknochen, wie eine Flugbegleitung auf den Notausgang.
Das hier sei alltagstauglich.

Jetzt kommt der schimmernde Highlighter zum Zuge.
Tati warnt uns, die Stifte beim Benutzen nie ganz
herauszudrehen, sonst würden sie abbrechen.
Tati ist fertig.
Leute, mir fehlen die Worte.
Sie habe nicht gewollt, dass ihr dieser Artikel gefalle, er sei ja auch recht teuer. Und aus dem Pinsel mache sie sich wirklich nichts. Das Produkt selbst würde sie lieben und es immer wieder und wieder benutzen.

Tati schlägt die Hände zusammen.
Das sei ja jetzt frisch auf ihrem Gesicht, sie würde sich nun während des Tages immer wieder melden und uns heranzoomen, ob das Make-Up unregelmässig geworden oder verblasst sei.

Ein paar Stunden später zeigt sie uns im Auto, wie alles noch sitzt. Zum Mittagessen träfe sie Freundinnen und es sei 38 Grad draussen, LA habe die Heizung aufgedreht, also eine super Gelegenheit zu testen, ob das Contouring schmelzen würde.
Tut es nicht. Die Freundinnen helfen beim Überprüfen im Restaurant. Gut sehe es aus, subtil.
Tati erklärt, dass es sich um das neue KKW Kit handle, was für Überraschung sorgt. Dafür sei es besonders subtil, wird gescherzt.

Wieder zuhause fängt Tati im Flur ihren Mann ab.
Auch ihm gefällt das Kardashian Contouring.
Es sei nicht so auffällig, sagt er.
Ein No Make-up Make-up?, fragt Tati nach.
Er wisse nicht, was das bedeute, lacht der Ehemann.

Im grauen Hoodie meldet sich Tati zurück. Es sei ein langer Tag gewesen, sie könne nicht erwarten, dass er zuende gehe. Sie runzelt die Stirn dramatisch.
Im Schnelldurchlauf wird rekapituliert mit dem Ergebnis, dass das KKW Kit überzeuge. Ausser der geringen Menge Produkt, das man für sein Geld bekomme – man zahle eben doch für den Namen.
Aber das Make-up sehe eben gut aus, immer noch.
So. Da hätten wir es.

Wenn es uns gefallen habe, mögen wir ihr doch ein Daumen hoch geben.
Sie würde uns ganz viel Liebe senden und hoffen, dass wir einen guten Tag gehabt hätten. Wir würden uns ja beim morgigen Video wiedersehen.

Tati pustet uns zum Abschied einen Handkuss zu.

Die Dramatikerin Esther Becker schreibt Prosa, Essays und journalistische Texte zu kulturellen Themen. Für die Fabrikzeitung untersucht sie regelmässig den Zustand des kulturellen Nährbodens.
Contouring – Contouring ist eine Schminktechnik, um die Struktur des Gesichts oder anderer Körperteile zu definieren, zu verbessern und zu modellieren. In der Regel wird dabei eine warme oder kühle Farbe, die ein oder zwei Schattierungen dunkler als die Hautfarbe ist, in Bereichen wie den Wangenhöhlen, an der Seite der Nase und an den Schläfen aufgetragen, um einen Schatten und einen Schlankheitseffekt zu erzielen. Dies kann mit einem Highlighter ergänzt werden, der ein oder zwei Nuancen heller als die Hautfarbe ist, in Bereichen des Gesichtes, die stärker hervorstehen.

KKW Beauty – Kosmetiklinie der Reality TV Königin und Unternehmerin Kim Kardashian West.

Kylie (Jenner) – Jüngere Halbschwester von Kim Kardashian West, ebenfalls Reality TV Star und Unternehmerin, Inhaberin der Kosmetiklinie Kylie Cosmetics.

Pat McGrath – Britische Maskenbildnerin, die u.a. von der Zeitschrift Vogue als die einflussreichste Makeup-Künstlerin der Welt bezeichnet wurde.

Pocket Rocket – Kleiner Taschenvibrator.

Scott Barnes – Maskenbildner, der mit Jennifer Lopez den monochromen Look mit gebräunter Haut und hellen Lippen genannt «The Glow» entwickelt hat.

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