Ob Weihnachten bei den Eltern, in der Sekte oder im Büro: ein Geschenk macht sich immer gut, und am meisten Eindruck macht ein selbstgebasteltes Geschenk. Etwas Handgefertigtes, dem man den Schweiss, der daran klebt, gerne ansehen und auch spüren darf.

Ausserdem schont es das Portmonnaie und man kann sich beim Bummel durch die weihnachtliche Innenstadt endlich einzig und allein auf den Gesang der Heilsarmee konzentrieren, während man beim Verzehr einiger wurmstichiger Marronis vor sich hin sinniert. Am besten tut man dies mit einem leuchtenden Plastikhirschgeweih auf dem Kopf.

Als Ausgangsmaterial für das selbstgefertigte Weihnachtsgeschenk von Herzen 2019 empfiehlt sich ein Stein. Gerade in eher heterogenen Verwandtschaften kann man mit einem Stein nichts falsch machen. Die Bäuerinnen und Bauern in der Familie werden dankbar dafür sein, dass sie einen Chemp weniger vom Feld holen müssen, der in die Maschinen kommt. Die PhD’s der Familie werden den Stein als Symbol der schönen Wissenschaft der Geologie betrachten und auch als Zeichen der genetischen Verbundenheit sehen, wegen der Urzeitmenschen, die ihn bereits als Werkzeug brauchten und in Sippen zusammen in heimeligen Langhäusern wohnten. Tante Irma hingegen wird den Stein erhitzen und darauf schnell ein Plätzli braten. Auch das ist in Ordnung, denn es ist Weihnachten.

Am meisten freuen werden sich aber jene Familienmitglieder, die innen- und ausseneinrichterisch trendmässig auf dem neuesten Stand sind und deshalb ein Do-it-yourself-Deko-Objekt wirklich zu schätzen wissen. Seit dem Aufkommen von Shabby Chic wird ihre Schar unaufhörlich grösser. Und weil Shabby Chic so beliebt ist, ist es auch die Art, wie wir unseren Stein als erstes behandeln.

Um den Stein alt aussehen zu lassen, behandeln wir ihn mit der Serviettentechnik in Vintage-Optik. Jetzt kann man natürlich sagen, dass ein Stein sowieso schon alt ist, aber es geht hier rein nur um das Visuelle. Nachdem wir den Stein also mit Serviettentechnik in einer beliebigen Pastellfarbe behandelt haben, wollen wir ihm Filz hinzufügen. Filz ist saisonal und ebenfalls äusserst beliebt. Wir filzen den mit Serviettentechnik behandelten Stein deshalb ein. Da man den Stein jetzt nicht mehr sieht, stanzen wir mit sternförmigen Stanzlochern sternförmige Löcher in den Filz. Um das ganze noch weihnachtlicher zu machen, legen wir den Stein in heissen Leim und berieseln ihn dann mit Glitzer. Da jetzt aber noch die persönliche Note fehlt, legen wir den Stein erneut in heissen Leim und bekleben ihn mit Kartonherzen in Pastelltönen, die man bequem im Bastelshop kaufen kann. Abschliessend behandeln wir das Ganze mit der Shabby-Chic-Methode in Pastell.

Zum Überreichen dieses persönlichen Geschenkes sollte man wiederum den Haarreif mit dem leuchtenden Plastikhirschgeweih anziehen. Vielleicht kriegt man den Stein von Tante Irma über den Kopf gehauen, weil er sich nicht mehr als Hot Stone eignet, aber alle anderen werden garantiert grosse Freude haben!

Anaïs Meier, geboren 1984 in Bern, studierte Filmwissenschaften, Drehbuch und Literarisches Schreiben in Zürich, Ludwigsburg und Biel. Gründete 2013 zusammen mit dem Künstler Simon Krebs das Büro für Problem.

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