Die Buchtour ist abgespielt. Ich zünde eine Wunderkerze an und schaue zu, bis sie abgebrannt ist. Heiliges Kanonenrohr, sage ich, was für eine Scheisse.

Als ich noch auf Tour war mit den Preisboys, und in Hamburg mit Höthker unterwegs Junkies gucken, fragte er mich einmal: «Macht dir der ganze Zirkus eigentlich Lust auf mehr? Also mir nicht.»

«Na klar», dröhnte ich, grosszügig jugendlichen Verve verspritzend, «ist doch alles ganz lustig!» Damals glaubte ich das noch selber. Ungekannte Ehre umspülte mich, eine warme Welle von brackigem Glanz; ich planschte unbedarft darin und fühlte mich angenehm abgebrüht.

Die Zumutungen stellten sich erst mit der Zeit ein, respektive das Erkennen solcher. Immer öfters fand ich mich nach einer Lesung im Strassengraben; ausgesaugt und draufgewichst. Es waren diese unhöflichen, ja geradezu übergriffigen Anmerkungen und Fragen – die ich auch noch wahrheitsgetreu zu erfüllen suchte! – für die ich in mein zartes Innerstes hineinfuhr und grübelte, alles scheinbar interessant Glänzende zutage förderte, um es den gebannt offenen Mündern in den Reihen zu servieren. Die schmatzten und rülpsten: mehr mehr mehr!

Wie gestört sind Sie jetzt eigentlich? Wirklich?

– Dieses Buch war ein Wurf, alle warten aufs nächste, aber mal ehrlich: so können Sie ja nicht weiterschreiben, das wird nicht funktionieren.

– Warum ist der Vater ein Walfisch? Ist Ihr Vater ein Walfisch? Sie wissen schon, dass der Wal ein Säugetier ist?

– Ihre Augenringe sind ja gar nicht so… furchterregend.

– Wie gestört sind Sie jetzt eigentlich? Wirklich?

– Sie hatten ja vor allem viel Glück. Und inzestuöses Schreibschulen-Vitamin-B. Und einen ganovenhaften Verlag, der all die Journis bestochen hat, damit sie über Sie schreiben. Aber natürlich sind Sie vor allem eine attraktive junge Frau, das interessiert eben die Leute, nicht wahr? (Tätschel, tätschel)

– Ich kann schreibende Frauen einfach nicht ernst nehmen. Wenn sie so schöne Fotos auf ihre Bücher drucken.

– Dieses Zigarettenrauchen immer, das fand ich also ganz schlimm.

– Ich bin ja trotzdem gekommen, obwohl ich die Frau aus dem Literaturklub sehr schätze.

– Ich finde es furchtbar, diese Gewalt.

– Ich habe ja immer gesagt, es ist ein ehrliches Buch.

– Ein verlogenes Buch

– Um nochmals auf Ihre Psyche zurückzukommen…

– Wie kommt man eigentlich auf so etwas?

– Schreiben Sie doch beim nächsten Mal etwas Schönes!

Und ich sitze da und schwitze und nicke und lächle und sage: «Danke, danke, danke sehr, danke für die Aufmerksamkeit.»

Und beim Gehen wischen sich die Leute die Erdnüsslifinger an den Hosen ab und sagen weissweinselig: «So eine nette junge Frau! Gar nicht wie ihr Buch. Und so zugänglich, so offen!»

Tja sweet friends, das war gestern. Next time werde ich vorbereitet sein: Zugeknöpft und gescheitelt. Unnahbar wie Christian Kracht <3

Michelle Steinbeck ist Autorin und Redaktorin der Fabrikzeitung.

Comment is free

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert