Es war eine der Forderungen der 80er Bewegung an die Stadtzürcher Politik: «Lasst uns die Rote Fabrik». Und die Stadt liess ihnen die Rote Fabrik. Seither sind vierzig Jahre vergangen, in denen die Rote Fabrik ihre Rolle als gesellschaftliche und kulturelle Alternative wahrgenommen hat. Und dennoch, «Lasst uns die Rote Fabrik» forderten in den vergangenen vierzig Jahren, wenn auch im übertragenen Sinn, immer wieder neue Gruppierungen. Die Frage nach ihrer Identität, was die Rote Fabrik ist, und was sie sein soll, war bereits in den ersten Jahren ein oft diskutiertes Thema und ist es bis heute geblieben. Das ist wenig überraschend, wenn berücksichtigt wird, welch unendliche Projektionsfläche sich allein durch den Begriff der «Alternative» eröffnet.

Dies allein ist Anlass genug, sich einige der realisierten und nicht realisierten Alternativen nochmals vorzunehmen. Denn zur Institution, wie wir sie heute kennen, wäre es beinahe nicht gekommen. «Die Rote Fabrik muss stehen bleiben» forderte 1973 die SP Zürich in einem Flugblatt. Mit ihrem Vorstoss stellte sie die Ampeln um – weg von den Plänen für eine sechsspurige Seestrasse und dem damit verbundenen Abriss des damals 75-jährigen Fabrikgebäudes, hin zu einem Kultur- & Freizeitzentrum. Die erste dokumentierte Vision für ein nicht-elitäres Kulturzentrum wurde kurz danach – nicht durch die Bewegung – sondern mit der «Thearena» durch den Schweizerischen Werkbund formuliert. Und obwohl dieser sich Ende der 1970er Jahre aufgrund des immer breiteren Interesses an der Roten Fabrik durch zahlreiche Gruppierungen zurückzog, so hat er mit der «Aktionshalle» die Rote Fabrik bis heute geprägt. Weniger erfolgreich war dagegen die Idee eines Taiwanesischen Kosmetikherstellers, unter dem Namen «Rote Fabrik Switzerland» den chinesischen Markt für Schönheitsprodukte zu erobern – Die Marke wurde 2019 eingestellt. Doch was ist eigentlich mit der Motion des «Verein aktiver Senioren», die 2003 eine Umnutzung der Roten Fabrik für Alterswohnungen vorschlug?

Sieben Autor*innen erzählen in dieser Ausgabe von Schrödingers Roten Fabrik: Wie sie war und ist, aber vor allem: Wie sie hätte sein können, sollen, müssen – oder noch werden könnte. Damit nicht vergessen geht, dass es immer auch eine Alternative zur Alternative gibt. Damals, heute und in Zukunft.

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