«This is the end, beautiful friend, the end.» Ich war überrascht, diese von Jim Morrison gesungenen Zeilen letzthin im Yogastudio zu hören. Die Vinyasa Klasse neigte sich dem Ende zu und bisher war die Playlist rein instrumental und Yoga-typischer gewesen. Andererseits passte dieser Song bestens zum Herbststurm, der draussen vor den Fenstern tobte. Zwar hatte dieser keine apokalyptischen Ausmaße, doch das Ende des goldenen Herbstes schien besiegelt. Dunkle Zeiten stehen bevor, das Jahresende rückt in greifbare Nähe. Das ist das Ende, Freunde, das Ende…
Momentan ist das Ende präsent, wo ich gehe und stehe. Wohnungsübergaben, das Auflösen eines Arbeitsvertrages, das Abmelden aus einer Gemeinde, das Schlussmachen mit einer Stadt. Das Ende von Freundschaften, das so langsam und schleichend vonstatten geht, dass man es erst hinterher merkt. Zu spät. Ist es nicht ohnehin so, mit Enden? Sie entziehen sich leise, und wird man ihrer gewahr, sind sie bereits vollzogen.
So gebe ich Roland Kaiser vollkommen Recht, wenn er singt: «Ein Ende kann ein Anfang sein». Und noch vielmehr: Es kann nicht nur, es muss sogar! Für jede Tür, die sich schliesst, öffnet sich eine andere, eine neue. Und sei es zum Beispiel, ganz pragmatisch, die einer neuen Wohnung. Jedes Beenden schickt einen zurück auf Start: Ein neues Zimmer wird eingerichtet, eine neue Arbeit begonnen, eine neue Nachbarschaft erkundet, eine neue Stadt entdeckt. Es werden neue Freundschaften geschlossen, neue Herzen erobert… Das Ende des Herbstes ist auch nur der Anfang des Winters.
Aber wie wissen wir, wann wirklich Schluss ist? Gerne neigen wir gegen Ende zur Verdrängung – verständlicherweise. «Es beginnt die Wirklichkeit, wenn die Träume enden», heisst es zu späterer Stelle im selben Lied von Kaiser.
Meistens kapiert man es also selbst als Letzte(r), wenn etwas durch ist. Gelaufen, vorbei. Es ist vorbei. Bye bye… «Freedom comes when you learn to let go / Creation comes when you learn to say no» – um es mit Madonna zu sagen. Oft hält man krampfhaft an Vergangenem fest, verteidigt mit Zähnen und Klauen, was längst verloren ist. Die Kunst ist, zu erkennen, wann alles versucht und damit die Zeit gekommen ist, aufzugeben. «There’s nothing left to try / There’s no place left to hide / There’s no greater power / Than the power of goodbye.»
In diesem Sinne sage ich «Tschüss», denn die Zeit dieser Kolumne ist gekommen. Ausserdem sage ich noch «Danke» und «schön war’s»!
The End.