Fabeln I

Das Haus des Dachses befand sich unter der Erde, daneben war ein Fluss. Er glitzerte und strömte und barg viele Geheimnisse, die er dem Ozean erzählte. Der Dachs hatte viele Freunde, es waren der Otter, der Kröterich und der Affe. Sie kamen ihn jeden Dienstagabend besuchen und dann spielten sie Karten. Sie spielten um Geld. Manchmal gewann der Dachs, oft nicht. Einmal brachte der Kröterich seinen Sohn zum Pokerabend mit. Dann klingelte der Elektriker. Der Elektriker war eine Giraffe, aber ihr Hals wuchs nach unten, so dass ihr Kopf immer über den Boden schleifte und Spuren auf dem Sand hinterließ. Der Elektriker war trotzdem zu groß für den Türrahmen, deshalb konnte er nicht hineinkommen.

 

Geschichten II

Der Bauernhof

  1. hatte einen Bauernhof. Es war ein schöner Bauernhof, umrundet von Äckern und Feldern und Bergen und es gefiel ihm sehr gut dort. Er verrichtete seine Arbeit gern und manchmal hagelte es. Dann starb das Getreide und man konnte es nicht mehr essen, aber das war nicht schlimm, weil Mehl sehr billig ist und er sich einfach welches kaufte, wenn er nicht selber welches mahlen konnte, was auch viel weniger aufwändig ist. Sonst schien die Sonne oder es regnete. Es waren auch viele Farmtiere auf dem Bauernhof, aber bei allen Farmtieren, z. B. den Schweinen und den Gänsen und den Spinnen wuchsen die Köpfe nach unten statt nach oben, wie bei der Giraffe. Bis vorhin hatte der Bauer F. keine Frau gehabt, aber dann war sie in der Küche und sie hatte auf der einen Seite braune Haare und auf der anderen Seite blonde. Aber nur die Oberkopfhaare, denn bei den Augenbrauen war es anders herum, also auf der Seite, wo die Oberkopfhaare blond waren, war die Augenbraue braun, und auf der Seite, wo die Oberkopfhaare braun waren, war die Augenbraue blond. Das mit den Haaren war an ihrem ganzen Körper so, wenn F.s Frau sich nicht jeden Morgen gründlich rasiert hätte, wären ihre Bein- und Armhaare auf der einen Seite braun und auf der anderen blond gewesen, aber immer übers Kreuz. Die beiden gingen und fütterten die Tiere und dann stiegen sie in die Kutsche und fuhren in den Urlaub.

Die Mehlwürmer

Meine Schwester hat mir einmal erzählt, wie sie im Biounterricht Mehlwürmer hatten, und wie sie irgendwas mit den Mehlwürmern machen musste, und wie sie so da saß und die Mehlwürmer angeguckt hat, und wie sie dann versucht hat, die Mehlwürmer zu verstehen. Und ich konnte mir das alles wahnsinnig gut vorstellen, wie sie so dasitzt, an diesem fürchterlichen Tisch in diesem fürchterlichen Bioraum und diese absurden Mehlwürmer anguckt und denkt, die Mehlwürmer machen alle irgendwie was und kommunizieren miteinander und kommen halt irgendwie damit klar, Mehlwürmer zu sein, aber das, was sie macht, das liegt völlig außerhalb ihres Wahrnehmungsspektrums und sie sitzt da und guckt die Mehlwürmer an, und sie versteht sie nicht und die Mehlwürmer sie natürlich auch nicht.

 

Märchen II

Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews fuhren auf der Autobahn durch die Rocky Mountains. Sie hatten einen Gast, ihr Gast war eine menschengroße Ratte und sie trug blaue Kleider und sie wies ihnen den Weg. Sie hatte auch ein Bündel, das sie an einer langen Metallstange über der Schulter trug. Sie saß auf dem Beifahrersitz und war nicht angeschnallt. Sie hatte ein blau-weiß kariertes Hemd an und das Tuch ihres Bündels hatte dasselbe Muster, es war ein Geschirrtuch. Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews wussen nicht, was in dem Bündel war und sie fragten auch nicht, denn die Ratte hatte sie hypnotisiert. Ich weiß nicht, ob es unhöflich ist, seine Gastgeber zu hypnotisieren. Ich fühle mich nicht im Stande irgendwem irgendwelche Werte oder Lebensweisheiten oder so zu vermitteln. Die Ratte wickelte das Bündel auf, es waren Hühnerknochen und Muscheln darin. Dann legte sie sich das Geschirrtuch auf den Kopf und es war, als würde sie unsichtbar und dann verschwinden.

 

Märchen II

Da war ein Schiff und es segelte über das Meer. Das Schiff war ein Konstrukt und es machte Dinge sichtbar, die man sonst nicht gesehen hätte, man konnte quasi durch das Schiff hindurch irgendetwas sehen. Unter dem Schiff schwammen Rochen. Es waren tausend und Millionen von Rochen. Auf dem Schiff lebten Menschen in verschiedenen Farben. Die Haut von ihnen hatte Farbverläufe, wie diese Farbverläufe bei Paint früher, also verstehen Sie, was ich meine, wie vor so fünf Jahren Farbverläufe bei Windows aussahen, und auf der Haut von denen waren Desktopsymbole und haben sich bewegt, ich weiß nicht genau, wie die sich bewegt haben, also womit man die bewegen konnte, aber das ging irgendwie und damit haben die ihre Körperfunktionen gesteuert, aber nur manche. Also, diese Menschen waren aber nicht elektrisch, das waren schon Menschen, nur, dass ihr Nervensystem irgendwie außen und in diesem Farbverläufen und Desktopsymbolen drin war. Die Menschen konnten sich auch gegenseitig kopieren, aber ich weiß nicht so genau, wie das funktioniert, ich kenne mich mit diesen Menschen nicht so gut aus. Dann stürmte es und das Schiff ging unter.

 

Aufsätze I

Der Wald

Wäder sind große Ansammlungen von Bäumen und es gibt dort Laub, Moos, Fliegen und noch wiele weitere Tiere, Insekten und Pilze. Manche Menschen verirren sich im Wald. Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, wie ein Typ im Wald lebt und so Pilze isst, und der hat eine Höhle und darin wohnt er und macht so Sachen. Wälder sind im Frühling und im Sommer grün mit noch anderen Farben und im Herbst sind sie braun und im Winter sind sie entweder weiß oder grau. Man kann sich im Wald auch verstecken bzw. Dinge dort verstecken. Der Typ könnte z.B. Victor heißen, oder Eminem. Victor Eminem hat wenige Hobbies und noch weniger Freunde, aber er hat einen Trichter. Manchmal, wenn Victor Eminem langweilig ist, geht er zur Quelle und trinkt Wasser aus seinem Trichter.

 

 

Lara Hajj Sleiman studierte am Schweizerischen Literaturinstitut, lebt aktuell in Leipzig.

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